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Donnerstag, November 15, 2007

Whisky on the Rocks ...



… gibt’s in Puerto Montt an jeder besseren Straßenecke …

Wer jedoch seinen Morgentrank mit Eis anreichern möchte, das bereits lange vor Magellan still vor sich hingefroren hat, begebe sich an Bord eines Fährschiffes und lasse sich gut 500 Seemeilen gen Süden verfrachten, vorbei an zerfransten Küsten, hügeligen, bewaldeten Inseln und Inselchen, die sehr an die Schären erinnern, teils schroffe, Schnee bedeckte Berge im Blick, wie in japanischen Zeichnungen gestaffelt, und den zahlreichen Lachs- und Muschelfarmen, die zwischen Fjorden liegen, welche dem Menschen hinterm Fernglas Norwegen vorgaukeln.

Doch bevor wir uns an Jahrtausende altem Eis in Jahrzehnte altem Whisky laben durften, warf das Fischernest Angelmo mit seinem Samstagsmarkt das einzig positive Licht auf den Unort Pto. Montt. Durch ein ausgezeichnetes Lachsfilet, unaufgefordert als Familienportion gereicht und einen Pisco Sour, der eine gewisse Schwerelosigkeit bewirkte, seefest gemacht, gingen wir nachmittags an Bord der „Puerto Eden“.
Trotz recht starken Windes (6 und mehr) blieb die See ruhig – es hätte deutlich mehr als einen Pisco gebraucht, um uns ins Wanken zu bringen ...
Gute zwanzig Stunden später führte uns ein Landgang in Chacabucco in den Regen. Ein Bus schaukelte uns durch Schleswig-Holstein, Oberösterreich, den Oberwesterwald und ein Stückchen Lappland nach Coyhaique (womit wir in der Traufe landeten), einer Stadt, die man getrost auslassen kann – der Weg war das Ziel …

Noch in der Nacht legten wir ab und rammten in der Morgendämmerung die ersten Eisschollen. Der Chef persönlich manövrierte uns in die Laguna San Rafael – und dort wurde uns glasklar, dass „Glättscher“ von „glatt“ kommen muss: Wir waren beim Anblick der Glättscherzunge nämlich glatt von den Socken: leichter Nebel, leichter Regen verliehen dem Eisstrom etwas Mystisches, dazu einige kleinere Eisberge in Babyblau und eine Stille, die nur hin und wieder vom (Ab-)Brechen der Eisbrocken unterbrochen wurde.

Pünktlich mit Ablegen der Boote setzte stärkerer Regen ein, der der Partystimmung unserer chilenischen Mitreisenden jedoch keinen Abbruch tun konnte. Allenfalls das unsanfte Berühren einiger Eisschollen, die vor dem Bug trieben, führten zu Hundertstel Sekunden der Stille. Als Johnnie Walker dann schließlich die aus der Bucht gefischten Eisstückchen umspülte, gab’s kein (Aus-)Halten mehr. Nach der Nationalhymne musste Chile mehrfaches Hochleben über sich ergehen lassen - selbst „verfeindete“ chilenische Regionen und Vorstädte verbrüderten sich.

Ins „zweite Glas“ flutschte ein neues Stückchen Eis, und Johnnie ließ uns ernsthaft darüber nachdenken, ob das imposante Gebilde aus gefrorenem Wasser nicht vielleicht doch „Glutscher“ hieß, zumal kleinste Ableger dem ein oder anderen im selben Boot aus den Händen flutschten.

Erst als ein paar sehr Fröhliche auf dem regennassen, glitschigen Deck nicht mehr so ganz felsenfest standen, zwang uns Mr. Walker zu der Überlegung, dass auf Wasser in diesem Aggregatzustand in diesen Breiten doch wohl eher die Bezeichnung „Glitscher“ zutreffen dürfte.

Sehr viel später, nachdem wir an Bord der Fähre weg von allem Rummel die Landschaft ausgiebig genossen und die letzten Spuren von Johnnie ausgehaucht hatten, brachte uns das Rechtschreibprogramm von microsoft den Gletscher wieder etwas näher.
Mit vorsichtiger Hand entrückte ihn uns der Capitan, als er das Schiff bei „dead slow“ durch die Untiefen des Rio Rafael aus der Lagune in den Fjord steuerte.

Strahlend blauer Himmel ließ auf der Rückfahrt nach Puerto Montt die Landschaft noch einmal im besten Licht erscheinen und hellte am fünften Tag auch die sonst eher trübe Hafenstadt deutlich auf.



(Fotos zu Angelmo)

(Fotos zur Tour)

(link zur Tourbeschreibung)

(Fotos zum Gletscher)

(wikipedia zum Rafael-Gletscher)


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