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Dienstag, August 21, 2007

"Ayudemos ...


… nos hermanos en el sur!“, forderten die Plakate in Lima, und nicht nur vor öffentlichen Gebäuden, sondern auch in den Käfigen der Vorgärten wehte die Nationale auf Halbmast.

Auch wenn das Alltagsleben seinen Gang zu gehen schien, der Parkplatzwächter wie gewohnt den Verkehr aufhielt, um jemandem beim Ausparken zu helfen, und ein älterer Herr des Abends seine „revolucion caliente“ in selbst gedrehten spitzen Bonbontütchen unter die Leute brachte, die Stimmung wirkte gedrückt.

Pisco lag einfach zu nahe und die Bilder im Fernsehen und als Aufmacher wirkten zu erschütternd, um abends im Rondell eine Dichterlesung oder eine Tanzveranstaltung stattfinden zu lassen. In Miraflores haben die Menschen die Erdbebenwellen mitbekommen, und selbst nach unserer Rückkehr aus Huaraz klirrten abends während eines Nachbebens die Scheiben …

… es hätte ebensogut die Hauptstadt treffen können, meinten viele. Und ob die Gebäude das (aus-) gehalten hätten, was die Schilder in ihrem Innern verkündeten, wurde ernsthaft angezweifelt …

Entsprechend groß war die Hilfsbereitschaft. Wer nicht wie der Ehemann unserer Zimmerwirtin mit seinem Pick-Up täglich Lebensmitteltransporte nach Ica durchführte, brachte Lebensmittel, Wasser, Kleidung, Hygieneartikel etc. tütenweise oder gar in Einkaufswagen, frisch aus dem Supermarkt, geschoben von den Jungs, die sonst die Regale voll räumen, zu den Sammelstellen. Damit nichts wegkäme, wurde ordentlich Buch geführt – und die Nationalpolizei sicherte die Vorräte. Unglaublich viele junge Menschen, Oberschulalter etwa, halfen beim Sortieren und Verpacken.

Bei alledem wurden die „eigenen Bedürftigen“ nicht vergessen: Die Chicletverkäufer wurden ihre Kaugummis los, die Straßenmusiker wurden beklatscht und bekamen ihre Soles und selbst die wenigen bettelnden Menschen, die „einfach nur bettelten“ wurden mit kleinen Aufmerksamkeiten bedacht.

Dem Formalismus und Bürokratismus, wie er hier auftauchen kann, wenn nicht zeitig und kräftig genug geschmiert worden ist, trat eine ältere, gewählt gut gekleidete Damen kräftig zwischen die Beine: Ein nicht mehr ganz junger uniformierter Mensch mit der Aufschrift „Fiscalia“ auf dem Rücken las, Notizbuch und Stift in Händen, einem Blinden, der auf dem Gehweg vor unserer „Pisco Sour Station“ Süßigkeiten verkaufte, die Leviten und drängte ihn, mit seiner Tüte weiter zu gehen. Recht lautstark, so dass es nicht nur in unserem Café zu vernehmen war, fragte jene ältere Dame die Uniform, ob der Blinde etwa raube oder auch nur klaue, ob er andere Menschen belästige und ob die Steuerbehörde nichts Sinnvolleres zu tun hätte, als in Lima Menschen zu belästigen, die für ihren Lebensunterhalt arbeiteten – ob demnächst in Pisco oder Ica Spendenempfänger deklarieren müssten, wie viele Flaschen Wasser sie bekommen hätten.

Diese Art von Achtung gerade der „Geringeren“ ist uns in vielen Formen und in vielen Momenten in Miraflores aufgefallen – und ließ uns große Sympathie für die Menschen dort empfinden, auch wenn sie hinter Gittern wohnen …

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